Streng geheim! Kapitel 28 – Gestern Nacht …

Montagmorgen, Telefon klingelt in der Firma, Kollege Harry ist dran. „Ich wollte nur sicher sein, dass Du zuhause bist.“ „Hä?“ „Dann hat man mir Samstagnacht mein Auto gestohlen.“ „Hä? Kann nicht sein! Wo und wie?“ “ Ich war … “ Also Kollege war wieder strebsam und am Samstagabend, wenn alle unter der Dusche stehen, auf dem Galtis, Benzin opfern. Wie es auch nicht anders sein kann, hat er das Blech in der letzten Kurve dermaßen versemmelt, dass er gar selbst Schwierigkeiten hatte, auszusteigen und auf die Straße zurück zu kommen. Die Kiste hing kopfüber talwärts. Dem Himmel sei Dank, war wieder ein helfender Schwede unterwegs und hat nach Beurteilung der Sachlage Comic-like geraten: Er hält die Hand, Daumen und kleiner Finger abgespreizt, ans Ohr und nickt um Verständnis heischend. Ja, verstanden telefonieren – nach Hause?. Bilbärgning? Zum Haken gekrümmter Finger zieht visuell das Auto. I morgon ??. Ahhaaah . UT: „Du telefonierst mit dem Bergungswagen er soll dich morgen rausziehen.“ Dann hat er ihn zum Hotel gefahren. Harry hat dann den Bilbärgning angerufen und der hat missmutig für Sonntagmorgen 10 Uhr zugesagt. Er hat ihn am Hotel abgeholt, Scheißwetter, Nebel mit Schneegrisel und am Galtis war kein Auto mehr. Es war auch keine Spur von einem Einschlag. Vielleicht war es doch weiter oben? Nix : Gestohlen. „Ich bin mir hundert Prozent sicher, dass ich das nicht geträumt habe, ich hab doch die (Mess-) Schriebe noch rausgeholt. Ich versteh die Welt nicht mehr. Und so kam ich auf die Idee, dass Du mir einen Streich gespielt hast. Aber wenn Du zuhause bist.“ Mein Rat: „Wenn das so ist, meldest Du Dich in der Werkstatt und der Meister weiß dann schon, was zu machen ist. Da geht ihr zu Anders von der Polis und erzählt das. Was war denn das für einer?“ “ „Der kleine weiße Stern.“ Seufzer, Ende des Gesprächs.
Drei Sekunden später, erneutes Klingeln. Kollege von der Messtechnik ist dran: Tierisches Lachen und: „Hat Dich grade Harry angerufen“ „Ja“ – „Und?“ „Ich hab ihm erklärt, er solle in die Werkstatt, die wissen was zu tun ist.“ Gelächter dritter Gang am nördlichen Ende der Leitung und :
Samstagabend ist sein Ausflug Thema in gemütlicher Runde. Nach dem zweiten Bier kommt Aufbruchsstimmung auf. Den kriegen wir raus. Wer hat Allrädler? Wo sind die Werkstättler. Wir brauchen den Schlüssel. Seile, Schaufeln, Keile, Ketten. Es setzt sich ein Trupp von fünf Kollegen mit gut tausend PS in Gang. Fahrzeuge werden zunächst so positioniert, dass man mit Fernlicht die Dunkelheit verscheucht und es wird geschaufelt und geschaufelt. Leichtes Schneegestöber setzt ein, Schneeketten werden angelegt. Alles was an PS zu Verfügung steht, wird hintereinander, mit Seilen vertäut, an den Havaristen gebunden. „GO!“ , Motorengebrüll erschallt, Schnee spritzt aus den Radkästen, es riecht nach Kupplung und der Zug setzt sich laaangsam, aber dennoch in Bewegung. Der Kleine steht wieder auf der Straße. „Geht doch und nu? Mist! – HÄ? – Wir haben sechs Autos aber nur fünf Fahrer. – Die „Werkstatt“ macht das , wir müssen den ja auch abtauen. – Dann schaufeln wir solange das Loch zu. In einer dreiviertel Stunde kann man schon viel zuschaufeln, das Loch war praktisch weg und der leichte Schneefall hat geholfen, das schön zu verpacken.
Montagmorgen, nach dem Telefonat: Harry steht völlig verzweifelt an der Rezeption und sucht sich ein „Taxi zur Werkstatt“. Die Messtechnik, hat ja grade mit mir telefoniert, kann helfen. Sie sind dann zur Werkstatt gefahren und haben Harry erst mal in der Fahrzeughalle abgestellt – „Warte hier, ich komm gleich zurück“ und so stand er fünf Minuten neben seinem kleinen weißen Stern, bis er von einem Monteur gefragt wurde, auf was er warte, der Kleine ist fahrbereit.

Ein Satz (oder zwei) zur Außentemperaturmessung

Wir hatten auf dem See, am Eingang zu unseren Testflächen ein Wetterhäuschen stehen. Darin hing ein Thermometer mit Alkoholfüllung, weil Quecksilber die tiefen Temperaturen nicht so richtig gepackt hat. Da hat es die Quecksilbersäule immer zerhackt und die Ablesung war ein Blick in die Kugel. Daneben hing ein Hygrometer, das uns ungefähr wenigstens die Luftfeuchtigkeit angezeigt hat. Die Werte wurden zweimal täglich abgelesen und notiert, damit man später beim Schriebeauswerten nachvollziehen konnte, was fürn Wetter war und – die Luftfeuchtigkeit einen Hinweis auf den Eiszustand gab. Wenn sie „hoch“ war, war das Eis griffig, fast wie nasser Beton. Ein weiterer Indikator war die Kurvengrenzgeschwindigkeit im großen Kreis. Man steigerte mit fest eingeschlagener Lenkung die Geschwindigkeit im Kreis, bis das Fahrzeug Sachen gemacht hat, die man nicht mehr so richtig beherrschte. Auch hier gab es Buddelaktivitäten, weil die Haftgrenze des Eises weit höher war als der Gleitwert. Da ging dann bei 80 km/h oder mehr die Post ab Richtung Außenwall. Man konnte getrost vor dem Aufschlag per Funk, wenn man einen dabei hatte, um Hilfe anfragen. Angesagter Ausritt. Punkteverdoppelung oder mit Sternchen.
Aber wir wollten ja nicht nur die Temperatur aufm See wissen, es war ja auch für die Fahrt interessant. So gab es die ersten Versuche, das Thermometer an der Antenne so zu befestigen, dass man es von innen ablesen konnte. Aber nicht jedes Fahrzeug hatte Radio, so musste auch mal der Scheibenwischerarm herhalten, was aber unter den eisigen Bedingungen oft nicht zielführend war. So haben wir von unserer Zentralwerkstatt dann Autoradios einbauen lassen, später auch mit Kassettenrecorder, damit man unterwegs was zu hören hatte. Die Schwedischen Sender brachten meist nur Gelabere und für uns fremde und ungenießbare Musik. So hatten wir immer die neuesten Modelle Radio an Bord. Mit neuester Erfindung, der elektrischen Antenne. Wenn man das Radio ausgeschaltet hat … merkt ihr was? Thermometer …? Japp. So hatte als erstes bei einer Anlieferung eines neuen Versuchsträgers (Versuchsfahrzeug) das Ansteuerkabel der Antenne im ausgefahrenen Zustand gekappt werden müssen. Was bei der nächsten Inspektion in der Zentralwerkstatt wieder aufgesteckt wurde … Wir haben dann – es gab ja kein Internet, sondern nur Autozeitungen und Prospekte des Elektroladens, bei dem wir immer unsere Bauteile besorgt – sorry, gekauft – hatten. Und da gab es elektrische Außenthermometer mit Anzeige und roter Warnleuchte bei Temperaturen unter null. Wahnsinn, Heitech!

©Jürgen Zechmann