Streng geheim! Kapitel 37 – Letztes Jahr ging’s hier gradeaus

Über Freunde aus dem Reich der nullmeridianen Insel mit ner Karosse der edlen und teuren und seltenen Art.

Die Jungs kommen abends an, fahren mit vollstem Tatendrang zuerst auf den See und brettern da die Zufahrt Richtung Teststrecken entlang. Nun weiß der bereits länger Anwesende, dass sich die Firma mit dem Blitz eine eigene Strecke hat räumen lassen und dazu gab es einen V-förmigen Abzweig am Ende der Piste. Nun denn, wenn man in der Mitte der Piste dahindonnert – ich weiß, jetzt ist die Pointe weg …- kommt bald der Fahrbahnteiler und die Neuankömmlinge nehmen ihn zwischen die Räder und ziehen eine gefühlte Hundertmeterschneise, wobei sich der pulverige Schnee nicht nur zur Seite bewegte, sondern sich auch in den Motorraum flüchtete und aufgrund der Enge und Fülle sich in alle möglichen Ritzen drückte. So auch unter die Zahnriemenabdeckung des Motors. Für die Unschlauen wieder mal auf die Schnelle: Der Zahnriemen verbindet über ein paar Zahnräder die Kurbelwelle mit den Nockenwellen. Die müssen synchron laufen, damit die Ventile, die zuständig sind, die Zylinder mit Gas zu füllen und zu leeren, immer zur rechten Zeit auf- und zugehen. Wenn jedoch der Kolben ganz nach oben kommt, müssen sie zu sein. (Es riecht schon? Gell?)

So, weiter mit Schnee unter der Riemenabdeckung. Der Schnee hat sich natürlich auch zwischen den Riemen und die Zahnräder geschoben und so hat sich das schöne synchrone Gebilde verstellt und die Kolben haben beim Ankommen oben die Ventile getroffen und jedem eins auf die Mütze gegeben, die gleich geknickt aufgegeben haben. Hörte sich an, als ob man einen Schraubenzieher zügig über den Heizkörper unterm Fenster zieht. Mit anschließender Grabesruhe. Motor am …, na kaputt eben.

Irgendwie sind die Jungs dann völlig fix- und ventilfertig und geknickt im Hotel angekommen, haben stundenlang telefoniert und sich dann verdrückt. Bis auf einen, den Fahrer und Monteur. Der saß vier Tage in der Rezeption, neben dem Bär im Ledersessel, lebte nur von Bier und Zigaretten. Tröstungsversuche hat er vehement abgelehnt, er wollte leiden. Sichtbar. Kasteiend. Bald zog er auch durch strengen Geruch, Tendenz steigend, Blicke auf sich.

Am vierten Morgen fährt ein Truck vor, der Kutscher entlädt eine Holzkiste mittleren Ausmaßes und positioniert sie inmitten des Raumes vor der Rezeption. „Very british“ öffnet der Verdrieste die Kiste mit einem Taschenmesser, entnimmt unter der vielen Holzwolle einen in Zellophan verpackten blütenweißen Overall und verschwindet im Zimmer. Die Kiste bleibt bis zu seiner Revitalisierung im Foyer stehen, überall Holzwolle – britische – und wird dann unter strengster Beachtung, dass der Overall nicht schmutzig wird, in die Werkstatt verbracht und nach zwei Tagen haben sich die ersten Kollegen getraut, nachzusehen. Das Werk war vollbracht. Die neuen Zylinderköpfe waren montiert, es war alles wieder verbaut, nix mehr übrig. Der Herr Kollege fragt einen der Betrachter, ob er ihm ’ne Zigarette aus der Hosentasche fummeln könnte, er hätte ölverschmierte Hände – der Overall war bis dahin immer noch blütenweiß. Er lässt sie sich in den Mund und anstecken, tut einen genüsslichen Zug, streift sich gedankenverloren die Hände vor der Brust sauber und nimmt sich die Zigarette mit einem Engelsblick zum Himmel , na ja Hallendecke, von den Lippen ….

©Jürgen Zechmann