Streng geheim! Kapitel 43 – Bus-ABS


Ein Satz zum BierkutscherABS: Diese Riesendinger hatten ja keine Hydraulik wie PKW, sondern Druckluftbremsen, wobei die angesaugte Luft penibelst frei von Wasser sein sollte, weil sich dieses an den Ventilsitzen niederschlug und dann das Ventil nicht durfte, wie es sollte. Außerdem waren die Ventile fast so groß – verzeiht mir Freunde – wie Rosenkohl und die  Leitungsquerschnitte dick wie Finger. Luft hat den Vorteil, dass sie überall rumlungert und wenn sie irgendwo rauskommt nix versifft, fällt es nicht auf, nichts Verwerfliches. Also konnte der Druck an den Radbremsen durch einfaches Druckablassen ins Freie geschehen. Das gab dann beim ABS-Bremsen ein flatulöses Geräusch – pft pft pft pfff – pft dada pft und zwar an allen Rädern, unsynchronisiert. Wir suchten gelegentlich nach einer Strecke, die liedtauglich ist. Nachdem der Bus keine schwedentauglichen Winterreifen hatte, flüchtete er sich immer wieder mal in den schützenden Graben oder den Tiefschnee. Verschnaufpause. „Die Jungs bekommen mich irgendwann schon wieder raus.“

Manta und Bus

Von einem Kollegen des Blitzes anlässlich eines Wiedersehenabends erzählt.
Wenn man von Arjeplog aus in Richtung Westen fährt, ja, das geht, dann die zweite, ist zwar eine gute Meile, nach links abbiegt, kommt man an der „Golden Gate“ vorbei. Danach windet sich die Straße am Berg entlang hoch mit schönen Kurven, Steigungen und Kuppen Richtung Mellanström. Die Bäume sollen erst noch Wald werden und die Landschaft selbst ist überschaubar. Harrys Scheff (oder Scheffscheff) brettert mutig mit einem Manta – ein Echter! mit Fuchsschwanz an der Antenne – der ersten Generation über die Brücke, im Drift nach links den Berg entlang und versemmelt die Kiste richtig im Schnee. Harry mit einem dicken Blitz hinterher, zaudert nicht lange und beginnt mit dem Bergungsritual. Eigenes Fahrzeug in Position bringen und beide Fahrzeuge mit viel Seil verbinden. Der Dicke steht formatfüllend quer auf der Straße, die Prozedur könnte beginnen, als sich unverhofft von oben über die Kuppe Dunkles nähert, tellergroße Augen, dickem Hals und Heimwerker-ABS-Bremsung hinterm Quirl. Pumpen, das heißt, bremsen, los lassen, lenken, fluchen, bremsen, los lassen, fluchen, lenken. Akkustisch war das dann pftt – schsch – pft – schsch, mit Fanfarenhintergrundbeschallung, bis ungefähr zwei Meter vor dem Dicken, der quer stand. Der Postbus. Der Kutscher steigt mit hochrotem Kopf aus und – wenn man schwedisch verstanden hätte, hätte man neue Worte lernen können. Aber rein der Gesichtsausdruck, die Stimmlage und die Gestik verrieten Kesseldruck, roter Bereich. Jedes Wort verständlich, ohne Untertitel.
Die Kopfröte wechselt von Kutscher zu Kutscher, Harry hängt in tiefster Demut und beschämt den Manta ab, fährt sein Fahrzeug kleinlaut – zur Seite geht nicht, kein Platz – also runter Richtung Brücke, bis zu einem der berühmten M – Plätze. Der Bus folgt etwas, bleibt stehen, der Fahrer steigt nochmal aus und werkelt noch irgendwas hinter dem Bus, steigt wieder ein und kommt mit Schmackes den Berg runter – den Manta mit Scheff im Schlepp. Auf Harrys Höhe bleibt er kurz stehen, Harry hat grade noch Zeit, das Seil vom Haken zu nehmen, sonst wäre der Bus mit Manta und Scheff – rückwärts – bis nach Arjeplog gefahren.

©Jürgen Zechmann