Zunächst muss ich was zum Eis auf dem See sagen.
Die Präparierung fängt ja im November oder gar Mitte Oktober an, wenn das Eis auf dem See so ca. 5 – 10 cm dick ist. Der Schnee muss an den Stellen weg, die später mal Testbahn werden sollen, weil Schnee isoliert und die kalte Luft sonst nicht ans Eis rankommt und es wachsen lassen kann. Unsere „Eismacher“ aus dem Dorf trauen sich dann mit einem Motorschlitten (Schneescoter) mit vorgespanntem Räumschild mutig aufs Eis, markieren grob die Flächen und schieben den Schnee zur Seite. Wenns Eis dann dicker ist, wird mit ner Bohrmaschine – neuerdings mit Akku, alterdings von Hand – an den Rändern der Strecken alle 50 Meter ein Loch ins Eis gebohrt und eine rot-weiße Stange reingesteckt. Auf diese Weise sind alle Strecken gesäumt. Ja, da kommen schon mal einige hundert Stangen zusammen.
Mit zunehmender Eisdicke werden dann auch die Maschinen zum Präparieren schwerer. Wie das allerdings weitergeht, geht Euch nix an. Im Dezember oder manchmal auch erst im Januar haben wir dann ’ne Eisdicke von mehr als 20 cm. Das kann auch bis Ende März schon mal ein Meter oder mehr werden.
Zwischenruf:
Wie dick ist das Eis und hält es uns aus???
Ein Wiedersehensabend brachte auch zutage, dass ein Test, ob das Eis auf dem zugefrorenen See ein Fahrzeug auch trägt, von den Jungs vom Blitz so gemacht wurde, dass man das schwerste Fahrzeug – mit Automatic-Getriebe – ohne Fahrer mit eingelegtem Gang übers Eis hat fahren lassen ….
Und weiter:
Nun kommt aber eins dazu: Nur wo gefegt ist, wird das Eis dick. Wo noch Schnee liegen bleibt, ist die Dicke weitaus geringer. Eis schwimmt auf dem Wasser und wenn das Eis etwas dicker ist, ist die Fahrbahn in der Mitte etwas nach oben gewölbt. So weit, so gut.
Es gibt Tage, da ist das Eis sooo glatt, dass man nicht darauf laufen kann – da musst du fahren. An der Stelle ziehe ich den Hut vor den Reifen und deren Entwicklern. Die schwarzen Kameraden leisten Schwerstarbeit zu unserem Wohle.
Du stehst mit deinem Fahrzeug inmitten der Strecke und machst einen Fahrerwechsel. Kutscher raus, nach hinten rechts, Messknecht von hinten rechts auf den Fahrersitz. Schon beim Füße aufs Eis setzen, sensiert dein Popometer tierische Glätte und prophezeit Schmerz im Steiss. Die Schuhe sind warm und es bildet sich unter der Sohle eine dünne Wasserschicht – wie beim Schlittschuhfahren. Du hangelst Dich mit beiden Händen, an immer was Greifbarem vom Fahrzeug gekrallt auf die andere Seite. Hintenrum geht das vortrefflich. Regenrinne am Dachrand, offener Kofferraumdeckel oder Hängerkupplung. Die Unschlauen laufen vornerum. Ja, da sollte man sich dann in den Radkästen festhalten und dann kommt die Durststrecke. Ohne Stern vornedrauf ist da nix zum Festhalten. Alles windschlüpfrig dicht. Da das Eis nun in der Mitte etwas höher ist und du keinen Halt mehr am Fahrzeug hast, driftest du unweigerlich Richtung Streckenrand. Mit guten Haltungsnoten und rudernden Armen haut es dich vielleicht nicht hin. Chancenlos, wieder zum Auto zu kommen. Anlauf geht auch nicht wegen dem Schneewall am Rand. Gut ist, wenn das nur einem passiert.
Harry macht Messungen auf dem See bei genau diesen Bedingungen und steckt den Käferbruder-Bus frontal in die Schneebank am Rand. Nun kommt die alte Selbstbergetaktik zum Einsatz.
Zunächst schaufelt er die Front frei, allen Schnee unter den Reifen weg, trampelt mit den Füßen glatte, ebene Rinnen für die Vorderräder, dann legt er den Rückwärtsgang ein und lässt die Hinterräder im Standgas drehen. Sie drehen natürlich durch, aber die kleine Hilfe ist nötig, wenn du vorne selbst stemmst und drückst und den Vorderbau auf und nieder bewegst. Schweißausbruch inclusive, aber dann bewegt sich das Ganze zunächst sehr behäbig, aber letztlich kommt die Kiste frei. So, nun bist du mit Sprint gefragt. Loswetzen ohne Landung, bei dieser Arschesgläte, du gleifst dir Teile der Fahrertür und wuchtest dich, wiederum zirkusreif um die noch offene Fahrertüre rum, reinspringen, kuppeln, bremsen. Funktioniert – aber nicht immer. Harry hat es beim Spurt hingelegt und er schaute aus der erste Reihe in Froschperspektive zu, wie sich der Bus trotz unschreibbarem Nachruf auf der anderen Seite mit Schwung ein neues Parkloch in den Schnee presst. Natürlich, wie könnte es auch anders sein, stanzt sich der Auspuff ne Ladung Schnee ins Innere, verstopft das Rohr und der Motor stirbt unter leisem Röcheln ab. Nun kommt vor dem Ausbuddeln das Freilegen des Abgasrohrs, dessen Innerstes dank der physikalischen Eigenschaften des Schnees in heissen Rohr geschmolzen ist und die Kiste am hinteren Ende wasserprustend und dampfend anspringt.
©Jürgen Zechmann