Wenn schon, dann schon richtig. Harry hatte Geburtstag und es war üblich, dass er Weißwürste mit Brezeln spendierte.
Die Würste zu transportieren war ja schon Übung, aber frische Brezeln in Lappland zu beschaffen schon was Größeres. Die Saunadiskussion ergab zunächst, dass das grosse Problem die Lauge ist. Was ist das eigentlich – wer kennt n Bäcker – Stille. Dann bleibt wieder mal nur eins: „Einfliegen – mit dem Firmenjet … der kommt sicher in den nächsten Tagen“. Also wurde einem der hohen Herren, die angeflogen kamen, eine riesige Tüte mit frischen Brezeln am Flugplatz zuhause in die Hand gedrückt, mit der Bitte um Transport. Die kannten unsere Aktionen mittlerweile und brachten die Brezeln heil an. Nur die Piloten hatten mit dem Brezelgeruch während der drei Stunden Flug schwer zu kämpfen.
Zeitsprung zum abendlichen Weißwurstessen. Die Tischrunde ist gut besucht und Harry kommt total verschwitzt vom Langlauf zurück. Als Tischthema stellt er die Aufgabe, wie seine nassen Klamotten schnell zu trocknen seien, damit er noch seine Koffer für die Abreise morgen gepackt bekommt. Die Vorschläge kreisen zwischen – in Plastiktüte verpacken, Mülleimer, im Backofen trocknen – „Nicht in meinem Backofen!“ – die Sauna anwerfen und alles drin aufhängen.
Dieser Plan bekommt die meisten Stimmen, nur sind in der Sauna keine Haken. Die Trockenleinen sind im Raum davor. „Dann lass doch die Tür auf, dann wird’s draußen auch warm.“
Die Würste sind weg, die Brezeln auch, Harry muss Bier wegbringen – entsaften – und verschwindet ins Bad vor der Sauna. Ein spitzer Schrei mit einem noch alltagstauglichen Zusatz ertönt aus dem Bad. Man hört Toilettendeckelgeklapper und kurz danach einen weiteren Schrei, diesmal mit unschreibbarem Kommentar der dritte Schrei ertönt beim Öffen der Türe.
Ja, wenn Sauna heiß und Türe auf, dann auch Bad heiß – Topf heiß, Hahn heiß, alles heiß … Sch…
Das nun die abendliche Runde beherrschende Thema war, die Blasen an den Fingern vom heißen Wasserhahn waren zu verkraften, aber wie sitzt man eine Stunde Autofahrt und drei Stunden Flieger mit Brandblasen am Po ab.
„Nimm ’n paar feuchte T-Shirts zum Kühlen mit.“
Die letzte Flasche
Es war ja üblich, dass jeder was Vergorenes in höherer Konzentration mitbrachte. Gegen Moskitos und dunkle Nächte. So passte es meist nahtlos, dass Zeit und Flaschen das selbe Ende hatten.
In den Hotelzimmern war kein Kühlschrank, warum auch, draußen war ja einer mit überdimensionaler Kapazität. An den Hausfronten waren immer meterhohe Schneewächten, die zum Haus hin abfielen und aufgrund der Wärme der Wand immer ein fußbreiter Streifen Gras eisfrei blieb.
Der Kühlschrank wurde durchs Fenster bestückt, indem man sich einfach etwas nach draußen lehnte und die Flasche(n) in den Schnee steckte. Von außen war das ja nicht einsehbar, nur vom Nebenzimmer – wenn man die Flasche nicht tief genug versenkt hatte.
Es war mal wieder Aufbruchstimmung und vor Harrys Zimmer schaute ein vorwitziger Flaschenhals aus dem Weiß. Nach mehreren Nachfragen, wer noch was aufzuräumen hätte, kam keine Meldung und so mutmaßten wir, Harry wollte sich drücken.
Eines Abends gegen Morgen schlich sich ein Harry vom konstruktiven Scheiß am Haus entlang und bemächtigte sich der zurückgehaltenen Spende.
Zeitsprung, bis sie leer ist:
Die leere Flasche wieder ins Kühlfach zu stecken war fantasielos, also wurde gehirnt, dass sie aufzufüllen wäre. Es sollte was sein, das die Farbe des originären Inhalts widerspiegelt. Und da war eben mal als Sieger der Vorschläge hervorgegangen: durchgelaufener Cognac, mit Bier angereichert – Entsaftetes. So stand die Flasche zur Befüllung einige Zeit im Bad … dem, mit der Türe, immer noch mit blauen Band berändert.
Der letzte Abend brachte es zutage. Nach langem und massivem Nachfragen schlurfte Harry los, um sein wohlgehütet Gelagertes zu holen. Das Blöde jedoch war, dass plötzlich jeder ’ne Cognac-Allergie oder Unverträglichkeit oder Bettschwere hatte. Der strenge Geruch beim Öffnen …
©Jürgen Zechmann