Arvidsjaur ist umgebaut
Wir sind im Herbst mit einigen Kollegen gen Norden geflogen, die kommende Saison vorzubereiten. Wenn man mit kleiner Mannschaft im „Sommer“ hochfliegt, nimmt man sich der besseren Kommunikation und der Einsamkeit wegen keine Hotelzimmer, sondern ein Viermannhaus. Harry und ich fliegen über Luleå, die anderen zwei mit der Albatros-Air nach Arvidsjaur. Wenn man es zeitlich betrachtet, kommen wir nahezu gleich an, die Kollegen mit dem Albatros haben eine Stunde Vorsprung und werden zum Einkaufen verdonnert. Wir erreichen das Haus und sehen, wie sich die Kollegen grade von Schneeschuhen und Anoraks befreien. „Wart ihr schon spazieren??“ „Nöö, grade angekommen“ mit einem verschmitzten und etwas peinlichen Lächeln. „HÄ?“
Jaaah, uns ist da n kleines Missgeschick passiert.
„Der Flieger ist gelandet, wir sind ausgestiegen. Da unser Gepäck nicht da war, es keine Mietwagen gab und der Flugplatz vermeintlich wieder mal umgebaut worden ist, hat uns gaanz aufgeregt die Stewardess gefunden und ins Flugzeug zurückgeholt. Dort angekommen sehen wir zu unserem Erstaunen, den Weiss-Blauen Kollegen ganz hinten sitzen und bis zu den Ohren grinsen.
Insider wissen, dass die Albatros in Lycksele zwischenlandet.
Was it clean?
Das war was Größeres. Wie irgendwann schon mal beschrieben, überließen uns manche Eingeborenen ihr Haus für die Winter(test)saison. Wir zogen ein, fühlten uns wohl und luden fürs Wochenende ein paar Kollegen ein zum gemeinsamen Kochen und Abendessen. Es gab frischen, selbst gefangenen Fisch aus dem Uddjaur mit Salzkartoffeln und allerlei Sonstwas dazu. Party war gelungen und so räumten wir grob auf, spülten ab und fanden da noch die Reste der Fische. Harry meint, das gäbe noch eine gute Fischsuppe, weil er auch beim Filettieren nicht so genau war, war an den Resten auch noch was dran. Aber was tun mit der frühmorgens gefertigten Suppe? Einfrieren. In was und wie? Ingeniös nu wieder. Plastikbeutel in einem Topf ausgebreitet – wegen der Form der gefrorenen Suppe, Suppe rein und das Ganze vor die Tür nach draußen, hinter die Tür.
Es schneite gewaltig nächtens und als wir am nächsten Morgen zum Schneefegen raus wollten, war schon alles blitzsauber gefegt und – die Suppe war weg. Irgendwo in den Schneewällen rechts oder links des Eingangs im Vorgarten verbuddelt. So ein Mist, die schöne Suppe. Wenn im Frühjahr der Schnee schmilzt … au weia. Wie es im Leben manchmal so läuft, wir erzählen im Büro von unserem Missgeschick und der verschwundenen Suppe und so steht grinsend ein Mädel von unserem schwedischen Personal in der Bürotüre, wir fangen betreten an nach Worten zu suchen und sie überrascht uns mit der Frage: Was it clean? – Hä – Ja, sie kenne die Hausbesitzerin und sie hätte erst ein oder zwei Tage vor unserem Einzug das Haus gerichtet. – Clean? – Ja, no Problem, clean.
Zeitsprung zum nächsten Morgen, wir finden unsere Suppe draußen vor der Türe wieder. ??? Wir erzählen das wiederum am Standort und die nette Kollegin erklärt uns grinsend, dass ein älteres Mütterchen von nebenan allmorgens in der Nachbarschaft Schnee räumt vorm Frühstück und dieser Aktion fiel unsere Fischsuppe zum Opfer. Sie hatte sie aber nicht in den Garten gefegt, sondern sich als mögliches Mittagessen mal beschlagnahmt.
Aber was war das mit dem „Was it clean?“ – Es gab Räucherlax im Angebot und Harry bringt einen abends mit. Nu weiß der geübte Laxesser, dass man die Gräten vor dem Portionieren rausziehen muss, ansonsten hat man ein Gefühl beim Kauen wie eine „Gosche voll Reißnägel“. Zum Ziehen der Speichen braucht man sinniger Weise ne Kombizange. Ich verschwinde in der Garage, um eine Zange zu finden. Aber IN die Garage komm ich gar nicht rein, drinnen war voll. Alles was im Haus keinen Platz hatte. Schön um einen alten Volvo rumdrappiert, quasi Presspassung , 3D-Tetris. Ich beschließe, mich weiter im Keller umzusehen, dort gibt’s bestimmt eine Werkbank oder sowas. Beim Versuch, die Kellertüre zu öffnen verstand ich „Was is Clean“, die Reste, die nicht in die Garage passten, waren im Keller getetrist. Man kann eigentlich nicht von verstaut reden, das war ein Stillleben der besonderen Art. Es hat eben beim Auf- oder Wegräumen etwas pressiert, aber es war genial raumoptimiert.
©Jürgen Zechmann