Steigungshügel
Wir bauen am Standort mal wieder um. Das Dach, das die Steigungsstrecken vor Sonne und Wind schützt, ist zu kurz und die Sonne scheint im Januar „unten rein“ und macht uns das Eis schlecht.
Warum das so ist, sei hier einfach ignoriert, unser Bauplaner hat‘s ja auch ignoriert, nur dass es weiter nach unten angebaut werden muss, ist Fakt. Wenn man die nordschwedische Mentalität kennt, weiß man spätestens nach einem halben Jahr, dass Schweden alles erst auf den letzten Drücker fertig bauen, machen, erledigen (siehe auch „Was it clean?“). So war schon unsere Vorhut im Dezember zum Testen dort, der Steigungshügel 20 % jedoch noch gesperrt, weil zum Dachdecken unten in der Mitte der Strecke mit viel Bauholz und Paletten eine waagerechte Ebene aufgebaut war, worauf eine Hubbühne stand, die bequemes Arbeiten in der Höhe erlaubte.
Harry hatte es eilig, muss die 20 % fahren mit seinem überpowerten Allradgefährt, das beim Motorleistungeintrag in den Fahrzeugpapieren einen “ — “ hatte. Heißt also zwei Räder auf Asphalt, zwei auf Eis und dann volle Pulle nach oben und warten, was der Regler draus macht – mit Messschrieb.
Mit viel wichtiger Überzeugungsrede hatte er die Zustimmung des Bauteams, rückwärts von oben runter einzufahren, um dann nach oben fahrend zu messen. Da grade Fika war (Pause), schlichen sich die Schweden davon und hörten nach dem röhrenden Motor ein Geräusch wie abgestürzter Hubschrauber und dann Stille.
Aus der Werkstatt hörte ich später, dass „Reste vom Fahrzeug und der Hubbühne in der Halle liegen“. Jaha, opportun wäre es gewesen, zum Bergauffahren den Vorwärtsgang einzulegen …
Das Päckchen
Übersetzt aus dem Schwäbischen:
Zuhause: Harry kommt aus der Werkstatt und vermeldet im Büro: Harry, da steht ein Päckchen für Dich in der Werkstatt. – Ich hab nix bestellt, geht aber ob seiner Neugier doch mit. In der Werkstatt steht eine Holzkiste, ca. zwei Meter lang, gute zwei Meter breit und etwa mannshoch und an der Stirnseite in großen Lettern: Harry. Ein großer Schraubenzieher, etwas Muskelkraft und die Neugier von vorhin lösen das große Fragezeichen in Harrys Gesicht. Stammholz, feinste Birke.
Zeitsprung zurück: Als Harry mit den Trackmanager auf unserem Wintergelände einen Inspektionsgang macht, fällt ihm auf, dass dort immer wieder Polder von Sturmholz liegen. Das macht ihn so an, dass er immer mal wieder verkündet, dass das „Seins“ sei. Gemeint ist das Holz der Firma und der gehöre das nun mal und nicht in die Kamine der „luxusverwöhnten Bevölkerung“.
Wieder in der Werkstatt: Es wird ihm eröffnet, er hätte das so bestellt, es sei „seins“ und ein Gruß vom Trackmanager dazu. Da auch in der Werkstatt der Konstruktive Scheiß blüht, ist schnell ein Transport zu ihm heim organisiert. Ein Hänger, ein Stapler und ein etwas größeres Zugfahrzeug. Die Kiste passte mit einem satten pffft genau zwischen die Bordwände des Hängers und so machte sich Harry über die Mittagszeit auf den Weg, das Päckchen heimzufahren. Ich sitze erwartungsvoll am Schreibtisch als mich der telefonische Notruf ereilt: Du musst sofort kommen. – Hä? – Ich krieg die Kiste nicht vom Hänger. – Dann häng ab. Komm her und wir besorgen das heut abend. – Geht nicht, der Hänger steht vor meiner Garage und das Zugfahrzeug davor quer auf der Straße. – Dann häng halt ab. – Geht auch nicht, die Deichsellast ist so hoch, dass ich das nicht gehoben bekomme. Dann komm mit allem wieder her. – Geht nicht, die Räder drehn durch. – Hä ?? – !Komm her!
Da komm ich langsam dahinter, dass er ja nicht mehr ins Büro kommen kann – weil ihm das Fahrbare fehlt.
Die Wartezeit hat er sich damit vertrieben, dass er schon mal die ersten Bretter von dem Päckchen entfernt und dabei festgestellt hat, dass mit dem Holz ein gerüttelt Mass an lappländischem Schnee mitgekommen war, der das Ganze zu einem festen Kuchen hat zusammenbacken lassen ….
©Jürgen Zechmann